Trotz Corona stieg 2020 in Baden-Württemberg die Anzahl der Beratungen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt bei der Fachstelle LEUCHTLINIE
Nach einschneidenden und belastenden Erlebnissen rassistisch motivierter Bedrohungen und Gewalterfahrungen ergaben sich im vergangenen Jahr für 110 Menschen in Baden-Württemberg Beratungsprozesse bei der Hilfseinrichtung LEUCHTLINIE. Damit stieg die Zahl der beratenen Menschen um 12 im Vergleich zum bisherigen Höchststand von 2019.
Insgesamt beschäftigte sich die Fachstelle 2020 mit 168 Vorfällen, von denen 71 als rechtsmotivierte Gewalttaten eingestuft wurden, weitere 29 als Gewalttaten aus unklaren oder anderen Motiven. In 54 Vorfällen waren die Beratungsanlässe keine Gewalttaten, sondern beispielsweise Bedrohungen, Diskriminierungen oder Beleidigungen. Die restlichen 14 Vorfälle sind im Recherchestadium. Die Fachstelle, die von der Türkischen Gemeinde in Baden-Württemberg e.V. (tgbw) getragen wird, betont, dass ihre personellen Kapazitätsgrenzen überschritten seien. „Wir konnten daher 2020 deutlich weniger Vorfall-Monitoring und Fallrecherche durchführen“, so die Leiterin der Fachstelle LEUCHTLINIE, Saime Ekin-Atik. „Dennoch ist, vor allem durch direkte Kontaktaufnahme der Betroffenen, der Beratungsumfang gestiegen. Ein Trend, der für alle Bundesländer gilt“.
Im gesamten Bundesgebiet wuchs 2020, trotz Corona, nach Medienberichten die Gesamtzahl rechter Straftaten auf ein neues Rekordhoch an. Wie etwa der Berliner Tagesspiegel und Zeit-online veröffentlichten, kam es bundesweit im Bereich der politisch motivierten Kriminalität von Rechts insgesamt zu 23.080 Straftaten, darunter 1.054 Gewalttaten. Diese Zahlen ergeben einen Anstieg von über 700 rechten Straftaten im Vergleich zu den bereits sehr hohen Fallzahlen von 2019.
Die Fachstelle LEUCHTLINIE begrüßt daher umso mehr den am 02.12.2020 von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. „Wir sind sehr froh über diese politischen Entschlüsse“, so Saime Ekin-Atik. „Jetzt müssen die geplanten Maßnahmen, zu denen laut Katalog ausdrücklich eine Verbesserung der bestehenden Opfer-und Betroffenenberatung in den Ländern gehört, zügig umgesetzt werden, auch in Baden-Württemberg“, so die Expertin in Stuttgart.